Darf ein Sohn für seinen Vater bei der Bank Bargeld abheben? Kann eine Mutter im Namen des Sohnes ein Konto eröffnen? Und was ändert sich eigentlich, wenn geheiratet wird? – In meinen täglichen Beobachtungen stelle ich immer wieder fest, dass solche und ähnliche gelagerte Fragen in der Bevölkerung Unsicherheit hervorrufen. Die Antworten hierauf sind jedoch im Grundsatz ganz einfach und eindeutig.
Es ist ein eiserner Grundsatz des Rechts, dass erst einmal nur jeder für sich selbst rechtlich erhebliche Erklärungen abgeben kann. Auch wenn es nirgends so ausdrücklich geschrieben steht, ist es doch Ausfluss der Privatautonomie und kann im Umkehrschluss aus der Vielzahl der Regelungen zu den Möglichkeiten der Vertretung geschlossen werden. Die freie Selbstbestimmung ist Kernelement unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung. Ein fremdbestimmtes Leben soll niemand führen müssen bzw. nur soweit es unbedingt erforderlich ist.
Daher kann man als Basis-Überlegung festhalten: Ohne Weiteres kann eine Person nicht von einer anderen wirksam – mit Wirkung für und gegen den Vertretenen – vertreten werden.
Nun gibt es hiervon zahlreiche Ausnahmen. Man unterscheidet dabei im Wesentlichen die rechtsgeschäftliche sowie die gesetzliche Vertretung. Einen Sonderfall stellt die Vertretung kraft Rechtsscheins dar, auf die hier nicht eingegangen werden soll.
Rechtsgeschäftliche Vertretung bedeutet nichts anderes als, dass jemand einen anderen wirksam zur Vornahme von Rechtshandlungen bevollmächtigt. Hier ist also ein Akt des Vertretenen erforderlich. Dies ist im Grundsatz das klassische Ausstellen einer Vollmacht zugunsten des Bevollmächtigten. Für die gesetzliche Vertretung bedarf es einer ausdrücklichen Bevollmächtigung hingegen nicht. Der gesetzliche Vertreter ist kraft seiner Person bzw. Stellung bereits zur Vertretung (im gesetzlichen definierten Umfang) berechtigt. Das sind zum Beispiel die Eltern für ihr Kind, der GmbH-Geschäftsführer für die GmbH oder der Betreuer für den Betreuten.
Im Familienverbund kann es sowohl die eine als auch die andere Konstellation geben.
Das kommt auf die jeweilige Konstellation an. Vor allem drei dürften hier von breitem Interesse sein, weswegen sie kurz dargestellt werden sollen:
Vertretung des Kindes durch die Eltern
Dass minderjährige Kinder (diese sind nur beschränkt geschäftsfähig – auf die Bedeutung dieses Begriffs soll hier ebenfalls nicht eingegangen werden) durch ihre Eltern vertreten werden, dürfte allgemein bekannt sein. Der Plural „Eltern“ im vorherigen Satz sagt aber auch schon aus, dass es die Eltern sein müssen und nicht nur ein Elternteil. So sagt § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB, dass für die Aktivvertretung (Abgabe von Erklärungen im Namen des Kindes; für die Entgegennahme von Erklärungen reicht ein Elternteil gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB) Erklärungen beider Eltern erforderlich sind. Ein Bankkonto auf den Namen ihres Kindes können die Eltern also nur gemeinsam eröffnen.
Da dies in mancher Hinsicht praktisch schwer umsetzbar sein könnte, hat der Gesetzgeber für bestimmte Konstellationen Ausnahmen geregelt. So vertritt ein Elternteil gemäß § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB das Kind allein, soweit ihm das alleinige Sorgerecht übertragen ist. Sorgerecht und Vertretungsmacht gehen also miteinander einher. Eine weitere Ausnahme ist die Gefahr im Verzug gemäß § 1629 Abs. 1 S. 4 BGB, welcher abseits von ärztlichen Eingriffen keine Relevanz zukomme dürfte. Schließlich existiert noch die praktisch sehr relevante Regelung in § 1687 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB. Lebt das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund gerichtlicher Entscheidung überwiegend bei dem einen Elternteil, hat dieser in Angelegenheiten des täglichen Lebens auch ein Alleinentscheidungsrecht. Dies sind in der Regel solche Angelegenheiten, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Einen abschließenden Katalog, was möglich ist und was nicht, existiert auch hier nicht. Je weitreichender die Entscheidung, desto unwahrscheinlicher ist ein Alleinentscheidungsrecht eines Elternteiles. Als Beispiel für eine solche Angelegenheit könnte etwa der Kauf von Schulbedarf oder auch die Entscheidung über den Kauf von Spielzeug genannt werden. Hierbei dürfte aber regelmäßig ohnehin ein eigenes Geschäft des Elternteils vorliegen, weswegen es bei dieser Vorschrift primär darum geht, was ein Elternteil im Verhältnis zum anderen Elternteil entscheiden darf und weniger um die Vertretungsmacht. Unzulässig wäre dagegen etwa die Aufnahme eines Darlehens oder die Ausschlagung einer Erbschaft im Namen des Kindes.
Auch gibt es sogar Fälle, in welchen die Eltern nicht einmal gemeinsam das Kind vertreten können, so gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB in den Fällen des § 1795 BGB sowie auch in speziellen Gesetzen geregelten Fällen. Hier bedarf es der Bestellung eines Ergänzungspflegers gemäß § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB.
Vertretung anderer Familienangehöriger, etwa der Eltern
Andere Familienangehörige können prinzipiell nicht bzw. nur durch ausdrückliche Bevollmächtigung vertreten werden. Einfach schnell Bargeld für den Vater abheben geht also nicht. Hier kann sich die Ausstellung einer General- bzw. Vorsorgevollmacht oder aber auch nur punktuell wirkenden Vollmacht anbieten.
Gibt es Besonderheiten zwischen Eheleuten?
Ja, die gibt es. Allerdings sind diese nicht so umfassend ausgestaltet wie mancher vermuten dürfte. Geregelt ist die Besonderheit in § 1357 BGB. Danach ist jeder Ehegatte „berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.“
Die herrschende Rechtsmeinung spricht hier übrigens von einer „Rechtsmacht eigener Art“ und nicht von einer gesetzlichen Stellvertretung. Denn weder muss hier der handelnde Ehegatte im Namen des anderen handeln (wollen), noch muss der Geschäftspartner die Vertretung kennen. Die Vermutung gilt aber nur, soweit es um Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie geht und nur soweit sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt. Viel Auslegungsspielraum also. Der Kauf von Lebensmitteln fällt hierunter, der Kauf eines Grundstückes hingegen nicht. Beim Kauf eines Pkw gibt es schon wieder verschiedene Meinungen, wobei ich hier gegen eine Zulässigkeit plädieren würde.
Beachten Sie bitte auch die Einschränkungen nach § 1357 Abs. 2 und 3.
Ein Ehepartner hat daher insbesondere keinen Anspruch darauf, etwa Auskünfte zu Bankkonten des anderen zu verlangen oder im Krankenhaus etwas über den Gesundheitszustand des Ehepartners zu erfahren (wenngleich die Erfolgswahrscheinlichkeit hier deutlich steigen dürfte).
Für eine umfassende Vertretung muss der Ehepartner daher – wie jeder andere auch – entsprechend bevollmächtigt werden.
Wenngleich im Grundsatz einfach, steckt der Teufel doch oft im Detail. Angehörige tun daher gut daran, sich in Fragen der Vertretung im Zweifelsfall frühzeitig zu informieren und ggf. rechtlichen Rat einzuholen. So bleiben böse Überraschungen erspart.